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Bunte Farben, greise Gesichter und Meerschweinchen zum Essen

Silke | 11. Juli 2011 | 17:45

Bunte, quirlige Märkte sind erfahrungsgemäß in den meisten Ländern ein besonderes Erlebnis und eine gute Möglichkeit einen hautnahen Einblick in Kultur und Mentalität der Einwohner zu erhalten. So fahren wir mit einem kleinen, vollgestopfen Bus (natürlich mit der unvermeidlichen Musikbeschallung und lustigen troddelbehängten Wollgardinen an den Fenstern), eingeklemmt zwischen eisessenden Kindern, Indigenas in ihren Trachten und westlich angezogenen Ecuadorianern, die alle den Markttag nutzen wollen, Richtung Otavalo. Am Busbahnhof angekommen fallen wir praktisch aus der Bustür heraus in eine Reihe mobiler Garküchen, die, was könnte es anderes geben, die üblichen Portionen an Pollo (Huhn), Reis und Kraftsüppchen (Consomé) mit darin herumschwimmenden Hühnerkrallen und den allgegenwärtigen Korianderblättern, verkaufen. Wir bahnen uns ersteinmal einen Weg durch die Gardämpfe, zirkeln um ein paar nach abfallenden Resten gierenden Straßenköter herum, weisen die nacheinander von fliegenden Händlern angebotenen DVD-Raubkopien, Viererpacks Zahnbürsten, Damenstrumpfhosen und natürlich Eisportionen dankend ab und folgen dem Strom der Leute zum zentralen Plaza de Ponchos, wo der eigentliche Markt stattfinden soll.
Dort angekommen frühstücken wir ersteinmal eine der oben beschriebenen Suppen (wobei sich am Grunde der Schüssel noch ein Stückchen Hühnerhals als schmackhaftes Additional findet) und nutzen den Schutz des Garküchenzeltes um die ersten Eindrücke aufzusaugen und uns zu orientieren. Der zum Bezahlen gezückte, knitterfreie 10$-Schein aus dem ATM löst bei der Köchin allerdings nur hilfloses Schulterzucken und den Kommentar „no tengo cambio“ (kein Wechselgeld) aus, woraufhin wir den Betrag dann in kleinen Münzen zusammenklauben. Das wird nicht das letzte Mal sein- wir lernen schnell die Lektion, dass alles, was auf der Straße gekauft wird, eigentlich nur mit kleinen Noten bezahlt werden kann, und dass heißt, maximal ein Dollar. Anschließend suchen wir die „fiesta de Animales“, den Tiermarkt, der etwas außerhalb stattfindet und nur bis mittags läuft, weshalb wir dort als erstes hinwollen. Auf dem Weg dorthin kommen wir durch den touristischeren Teil des Marktes hindurch, wo für kaufwillige Westler Ponchos, Alpakaschals, gewebte Hängematten, die aus Alternativläden hinlänglich bekannten Baumwollschlumpfhosen (die immer einen dicken A*** machen), geschnitzte Flaschenkürbisse und buntlackierte Tabletts und Bilderrahmen erwerben können. Was die meisten auch tun. Allerdings bleiben die befürchteten Busladungen an Tourigruppen zum Glück aus, so dass die Stimmung insgesamt sehr entspann und ruhig ist. Auf den Märkten in Indien und Marokko habe ich wesentlich mehr hassle und Abgeschleppe erlebt. Trotzdem genießen wir es, auf dem Weg nach außerhalb durch die eher von Einheimischen frequentierten Teile des Marktes zu kommen, auf welchem man vom Mülleimer über Seile, Obst und Früchte alles erstehen kann, was für Geld zu erwerben ist. Ein besonderes Highlight  sind dabei für mich die Obststände- gefühlte 20 verschiedene Sorten Bananen an einem Stand: von der kleinen, süßen Dessertfrucht bis zur großen, grünen Kochbanane, die wir auch gleich frisch vom Grill kosten. Durch die Bereiche der Metzger hindurch, wo ganze Schweinehälften in Stahlwannen liegen, der massige Schädel auf einen Halter drapiert und von hinten portionsweise heruntergeschnibbelt wird. Stände mit Hülsenfrüchten, Reis und Gewürzen, wo uralt scheinende Indiofrauen hinter den Säcken hocken und die einzelnen Früchte sortieren. Tiefe Furchen in den von Wind und Wetter gezeichneten Gesichtern läßt das wahre Alter nur schwer raten, während das freundliche Lächeln ein oft lückenhaftes Gebiß entblößt. Um den Hals hängen mehrere Reihen goldfarbener Perlenketten, den Kopf bedeckt ein Panamahut, währen ein langer Zopf schwarzen oder ergrauten Haares den Rücken herunterrinnt- in Zaum gehalten von einer Wickelung aus gewebter Borte. Zur Tracht gehören außerdem weite, weiße Blusen mit spitzenbesetzten Trompetenärmeln, die auf der Brust aufwändig bestickt sind, sowie Wollröcke und eher unbequem erscheinende Samtschläppchen, die nur von einem dünnen Band am Knöchel gehalten werden. Rechts und links können wir alte, gebeugte Männer beobachten, die unglaublich scheinende Lasten auf ihren buckligen Rücken balancieren, junge Mädchen, die Bauchläden mit Obststücken herumtragen und Einheimische, die ihren Wocheneinkauf  bestreiten und nicht selten als kompletter Familienverband unterwegs sind- jeder beladen mit unzähligen Tüten. Trotz des geschäftigen Treibens ist es erstaunlich sauber- ein leerer Plastikbecher wird uns sogar im Vorbeigehen mit der Frage „Basura?“ (Müll?) abgenommen. Am Tiermarkt angekommen, müssen wir dann nur noch die dicht befahrene Panamericana überqueren. Als die beste Taktik hierfür stellt sich heraus, nicht unbedingt beim grün der Fußgängerampel zu gehen, sondern dann, wenn die Einheimischen auch losrennen. Glücklich auf der anderen Straßenseite angekommen, waten wir vorsichtig durch einen kleinen Bereich von unzähligen Menschenfüßen, Tierhufen- und exkrementen aufgeweichten Bereich und finden uns umgeben von kleinen Ständen wieder, wo in provisorisch aufgespannten Drahtgeflechtkäfigen eine bunte Mischung aus Hühnern, ausgewachsenen Putern, Katzenbabys und Hundewelpen, und Entenküken wimmelt. Am Rande des Marktes sind einige Schafe angebunden sowie Mannsgroße schweine, die intensiv das aufgeweichte Erdreich durchrüsseln. Besonders gewöhnungsbedürftig für unsere Augen sind aber die Käfige und Körbe mit- Meerschweinchen. Bei uns als Haustiere gehalten und als Kuschelfreund zurückliegender Kindertage in Erinnerung, gibt es mir schon einen Stich, als ich die kleinen Fellwürste zusammengedrängt hocken sehe. Vor allem haben die meisten auch noch die Fellfärbung meines ehemaligen Meerschweinchens Little. Und als ich sie dann auch noch herumquieken höre, gerät meine Haltung, eigentlich alles Mal zu probieren doch ins Wanken. Die kleinen Nager sind nämlich lokale Delikatesse. Und dementsprechend werden sie auch wie potentielles Essen behandelt: Griff in den Käfig, hochziehen am Nacken, Gewichtsprüfung in der Hand und Blick auf den After. Alles ok? Gut, dann einpacken bitte. Schwups, landet das Tier in einem Netzbeutel und wird über den Rücken geworfen. Gleiches beobachten wir bei Küken, Hühnern und Co. Wobei die ausgewachsenen Tiere kopfüber und an den Füßen zusammengebunden herumgetragen werden. Wir versuchen sentimentalen Abstand zu gewinnen und kehren in das farbenfrohe Getümmel des Kleidermarktes zurück, wo Stoffe und Wolle in allen Farben und Qualitäten angeboten werden. Mit Einkäufen halten wir uns allerdings erstmal zurück-schließlich ist der Rucksack schon voll. Abschließend jagt Stephan noch eine Kollektion Obst, dann machen wir uns auf den Weg zurück zum Terminal Terrestre, um zurück nach La Esperanza zu rumpeln- beim Einsteigen noch begleitet vom Rufen der Eisverkäufer: „Helados, helados, heladitos…!“

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7 Responses to “Bunte Farben, greise Gesichter und Meerschweinchen zum Essen”

  1. Tanti sagt:
    11. August 2011 um 12:31 Uhr

    Hallo Ihr Weltenbummler,
    ich habe mich eben durch den ganzen Text gearbeitet. Ihr berichtet sehr anschaulich und interessant. Ich wäre manchmal gern bei Euch- aber manchmal auch lieber nicht…
    Besonders gern sehe ich mir die Fotos an.
    Alles Gute Euch beiden weiterhin. Bleibt gesund! Und viele spannende Erlebnisse noch!!!

    Tanti

    Antworten
  2. Janni sagt:
    17. Juli 2011 um 12:11 Uhr

    Hallo Ihr Weltreisende,

    tolle Bilder die gemeinsam mit dem Bericht das Gefühl geben mitten drin zu sein.
    Freue mich schon auf Eure Bilder und Eindrücke von den Galapagos

    LG aus dem gerade verregneten Grünstadt

    Antworten
    • Stephan sagt:
      23. Juli 2011 um 21:06 Uhr

      Moin moin,
      sind seit heute wieder zurück, bzw seit heute an der Küste. Galapagos wird wohl ein längerer Bericht – wir arbeiten daran. 🙂 Sind ja nur bummelige 7GB Bilder geworden …
      Das Wetter hier in Puerto Lopez ist übrigens auch nicht soo besonders. Heut abend Nieselregen. Aber ziemlich warm und stickig.
      Grüße an alle,

      LG
      S+S

      Antworten
  3. Jürgen sagt:
    12. Juli 2011 um 14:13 Uhr

    eine tolle Beschreibung des Markttages. Ich hatte das Gefühl, dabei zu sein, so hat mich der Bericht gefesselt. Silkes Seelenleben in Bezug auf die Meerschweinchen konnte ich gut nachempfinden, da wir schließlich in wolfenbüttel mehrere davon großgezogen und bis an deren Lebensende begleitet haben. Noch heute haben wir in unserem Garten einen Meerschweinchenfriedhof aus den Kindertagen von Silke.

    Antworten
  4. Heidi Mo. sagt:
    12. Juli 2011 um 13:40 Uhr

    Hallo ihr Beiden, eure interessanten Berichte und Fotos lassen mich sehnsuchtsvoll mitreisen. Danke dafür und eine wunderbare Zeit auf den Galapagos-Inseln.

    Antworten
  5. Martin sagt:
    12. Juli 2011 um 09:24 Uhr

    Hallo ihr zwei – endlich mal ein paar Fotos, vielen Dank 🙂 So ein bunter Markt ist natürlich auch ein dankbares Fotoobjekt – man kann sich die passenden Gerüche und Geräusche dazu fast vorstellen!

    Viel Spaß weiterhin
    M

    Achja: Respekt für euren 4.6er!

    Antworten
  6. Andrea sagt:
    12. Juli 2011 um 04:26 Uhr

    Das hört sich toll an! Ich wäre gerne dabei gewesen. 🙂
    Knutsch euch!

    ANDREA

    Antworten

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